Nach Art. 8 Abs. 4 S. 1 der 2. EG-Führerschein-Richtlinie und Art. 11 Abs. 4 S. 2 und 3 der 3. EG-Führerschein-Richtlinie kann ein Mitgliedstaat es ablehnen, die von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellte Fahrerlaubnis anzuerkennen. Die Weigerung der Anerkennung ist gemäß den EG-Richtlinien möglich, wenn Maßnahmen der Einschränkung, der Aussetzung, des Entzugs oder der Aufhebung der Fahrerlaubnis ergriffen wurden.
Ob der nachfolgend auszugsweise abgedruckte § 28 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) diese Vorgaben zulässigerweise umsetzt, ist in Einzelfällen umstritten:
Fraglich ist, ob § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV (Ablehnung der Anerkennung bei alleinigem Wohnsitzverstoß) gegen die EG-Führerschein-Richtlinien verstößt. Die EG-Richtlinien erlauben die Ablehnung der Anerkennung nur, wenn die Fahrerlaubnis des Betroffenen eingeschränkt, ausgesetzt, entzogen oder aufgehoben wurde. Ein alleiniger Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis genügt nicht. Der VGH München hat diese Frage jetzt dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt (Beschluss vom 16. März 2010, 11 BV 09.2752):
Sind Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG dahingehend auszulegen, dass ein Aufnahmemitgliedstaat berechtigt ist, die von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellte Fahrerlaubnis nicht anzuerkennen, wenn aufgrund von Angaben in diesem Führerschein ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie feststeht, ohne dass zuvor der Aufnahmemitgliedstaat eine Maßnahme im Sinn des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG auf den Inhaber des Führerscheins angewendet hat?
Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim stellte nunmehr in einem Beschluss vom 21. Januar 2010 (10 S 2391/09) fest, dass § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV mit den EG-Richtlinien auch insofern vereinbar ist, als die bestandskräftige Versagung der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Entziehung der deutschen Fahrerlaubnis gleichgestellt wird:
§ 28 Abs. 1 Nr. 3 FeV ist mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG auch insoweit vereinbar, als die bestandskräftige Versagung der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Entziehung der deutschen Fahrerlaubnis gleichgestellt wird.
Die EG-Richtlinien sehen ausdrücklich die Ablehnung der Anerkennung nur nach einer Entziehung vor. Angesichts des klaren Wortlauts der Richtlinien erscheint die Gleichsetzung von Versagung der Neuerteilung und Entziehung allerdings zweifelhaft. Eine klarere Regelung durch den EG-Gesetzgeber wäre wünschenswert und eventuell sogar erforderlich.
________
§ 28 Anerkennung von Fahrerlaubnissen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.
…
(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,
…
2. die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3. denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
…
Schreiben Sie einen Kommentar,
stellen Sie eine Frage