Immer wieder müssen sich Verwaltungsgerichte mit der Fragestellung befassen, ob der Besitz, der Konsum und/oder die Weitergabe von Drogen die Entlassung aus der Schule rechtfertigen.
Die Fragestellung kann nicht einheitlich beantwortet werden. Die Gerichte differenzieren. Es ist auf den Einzelfall abzustellen. Beispielhaft skizziere ich nachfolgend 3 Gerichtsentscheidungen aus Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern.
I. Beschluss des VG Osnabrück vom 9. Mai 2005 – 1 B 26/05
Kurz vor den Abschlussprüfungen der zehnten Klasse einer Realschule in Niedersachsen wurde eine Abschlussfahrt durchgeführt. Die Lehrer entdeckten bei dem 17-jährigen Schüler unter anderem zwei Filmdosen mit Marihuana. Noch im April erließ die Schule die Ordnungsmaßnahme der Überweisung an eine andere Schule derselben Schulform.
Das Verwaltungsgericht Osnabrück gab dem Eilantrag der Eltern gegen die Ordnungsmaßnahme statt.
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[Rdnr 18] Die Kammer erachtet eine Überweisung an eine andere Schule nach Nummer 2 in der konkreten Situation als unverhältnismäßig. Dabei lässt sie sich von folgenden Erwägungen leiten: Der Antragsteller befindet sich in der Endphase seiner schulischen Ausbildung auf der Realschule. Die noch ausstehenden Klassenarbeiten können deshalb für ihn besondere Bedeutung für den Schulabschluss insgesamt, möglicherweise jedenfalls was die Erreichung eines qualifizierten Realschulabschluss angeht, gewinnen. Im Falle einer Überweisung an eine andere Realschule wird es in der verbleibenden Zeit zum Einen für ihn kaum möglich sein, sich so in die Arbeit der Kenntnisvermittlung durch den jeweiligen Fachlehrer und den Unterrichts- und Lehrstand der neuen Klasse einzuarbeiten, dass er, wie auf seiner bisherigen Schule, seinen Leistungsstand und seine Leistungsfähigkeit entsprechend seinen Möglichkeiten dokumentieren kann. Damit gewinnt die Überweisung an eine andere Schule eine deutlich andere Qualität, als wenn sie in einem Schuljahr erfolgt, das nicht zum Abschluss führt.
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II. Beschluss des VG Koblenz vom 10.5.2004 – 7 L 1541/04. KO
In Rheinland-Pfalz hatte ein Schüler in den letzten zwei Monaten vor der Ordnungsmaßnahme 36 Schulstunden geschwänzt und wiederholt unerlaubt geraucht. Er war auch bereits einmal in der Schule beim Drogenkonsum aufgefallen.
Die Koblenzer Richter stellten fest, dass die Voraussetzungen für einen dauerhaften Ausschluss vorlagen.
III. Beschluss des VGH München vom 10. Juni 1997 – 7 ZS 97.1403
Nach den Feststellungen der Schule sprach der von der Ordnungsmaßnahme der Entlassung betroffene Schüler 3 Mitschüler an und fragte sie, ob er ihnen Marihuana besorgen solle. 2 Schüler bestellten daraufhin je 5 g, einer 15 g Marihuana zum Selbstkostenpreis von 10 DM pro Gramm. Die Mitschüler bezahlten die Ware während einer Pause vor dem Schultor.
Der VGH München bestätigte die Entscheidung der Schulbehörden. Der VGH sprach der Schule einen „großen Bewertungsspielraum der Lehrerkonferenz“ zu. Allerdings prüfte der VGH München genau, ob auch in dem konkret zu beurteilenden Einzelfall die Entlassung aus dem Gymnasium zulässig war:
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Diese neben der objektiven Feststellung und Gewichtung der Schwere des Fehlverhaltens des Schülers vorwiegend nach pädagogischen Gesichtspunkten vorzunehmende Beurteilung der Person und des Verhaltens des betreffenden Schülers entzieht sich einer vollständigen Erfassung nach rein rechtlichen Kriterien und bedingt daher sachnotwendig als pädagogisches Urteil einen Bewertungsspielraum der Lehrerkonferenz. ……
Es ist in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte durchwegs anerkannt, dass der Konsum von Rauschgift, die Herstellung von Kontakten zum Erwerb von Rauschgift und dessen Weitergabe an Mitschüler den Ausschluss von der betreffenden Schule rechtfertigen, weil hierin eine ernsthafte Gefährdung des Erziehungsauftrags der Schule zu sehen ist. … Ebenso wie der Disziplinarausschuss des Gymnasiums durfte das VG es zulasten des Antragstellers ins Gewicht fallen lassen, dass die Initiative zum Erwerb des Rauschgifts durch die Mitschüler vom Antragsteller ausging, dass er nicht nur einen, sondern mehrere Mitschüler angesprochen hat, dass sich der Vorfall in der Schule anbahnte und im Umfeld der Schule vollzog sowie dass es sich um einen nicht völlig zu vernachlässigenden Erwerb im Werte von immerhin 50 und 150 DM handelte, auch wenn keine weiteren Vorfälle dieser Art bekannt wurden und der Antragsteller die Aufklärung des Vorfalls nicht zu verhindern versuchte und selbst dabei keinen finanziellen Gewinn anstrebte.
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