Rechtsanwalt und Verwaltungsrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

  • Startseite
    • Abgabenrecht
    • Allgemeines Verwaltungsrecht
    • Baurecht
    • Besonderes Verwaltungsrecht
    • öffentliches Dienstrecht
    • öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen
    • Verwaltungsprozess­recht
    • Stichwortverzeichnis
  • Kontakt
    • Impressum
    • Datenschutzerklärung
Startseite  Besonderes Verwaltungsrecht - Übersicht  6. Verkehrsrecht

Punkte im Verkehrszentralregister (Urteile des BVerwG vom 25.09.2008) – Tatzeitprinzip

16. Februar 2010, aktualisiert am 27. Februar 2023

Das Bundesverwaltungsgericht entschied in drei Fällen, welches der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung von Punkten im Verkehrszentralregister ist, der Tag der Begehung des Verkehrsverstoßes (sog. Tattagprinzip) oder der Tag seiner rechtskräftigen Ahndung (sog. Rechtskraftprinzip). Maßgeblich ist nach den Urteilen der Tattag.

I. BVerwG 3 C 3.07

Ein Punktabzug wegen der Teilnahme an einem Aufbauseminar war nicht möglich, weil zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung die 15-Punkte Grenze überschritten war (Rdnrn. 25 bis 27):

„Von diesem Punktestand war nicht deshalb ein Abzug vorzunehmen, weil der Kläger an einem Aufbauseminar teilgenommen und hierüber eine am 30. Mai 2003 ausgestellte Teilnahmebescheinigung vorgelegt hatte.

Die Voraussetzungen für einen solchen Punkterabatt regelt § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG. Nehmen Fahrerlaubnisinhaber vor Erreichen von 14 Punkten an einem Aufbauseminar teil und legen sie hierüber der Fahrerlaubnisbehörde innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Seminars eine Bescheinigung vor, werden ihnen bei einem Stand von nicht mehr als 8 Punkten 4 Punkte und bei einem Stand von 9 bis 13 Punkten 2 Punkte abgezogen. Nach § 4 Abs. 4 Satz 4 StVG ist für den Punktestand das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

Für den Punktestand zu diesem Stichtag und den davon abhängigen Umfang des Punktabzuges kommt es ausschließlich darauf an, welche mit Punkten zu bewertende Verkehrsverstöße der Betroffene zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung begangen hat (sog. Tattagprinzip); es ist nicht erforderlich, dass die Verkehrsverstöße zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftig geahndet sind. Das ergibt sich zwar nicht ohne Weiteres aus dem Wortlaut der Vorschriften, aber aus dem Sinn und Zweck der Regelungen.“

II. BVerwG 3 C 21.07

Auch derjenige, der nach einer sogenannte „Tilgungsmittelung“ vom Kraftfahrt-Bundesamt eine Entziehungsverfügung erhält (also zu einem Zeitpunkt, da er eigentlich nicht mehr „genügend Punkte hat“) – muss mit dem Entzug der Fahrerlaubnis rechnen, denn es kommt nicht auf den Zustand zum Zeitpunkt der Entziehungsverfügung, sondern auf den Zeitpunkt, da die Punktgrenze überschritte wurde an (also auf den „Tattag“, Rdnrn. 9 und10):

„Die Revision des Klägers bleibt ohne Erfolg. Hat ein Fahrerlaubnisinhaber im Verkehrszentralregister 18 Punkte erreicht, so ist die Fahrerlaubnis wegen fehlender Eignung zu entziehen. Eine spätere Tilgung von Punkten ist hierfür ohne Bedeutung. Dies gilt unabhängig davon, ob die Tilgung vor oder nach dem Erlass der Entziehungsverfügung eingetreten ist. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts steht daher nicht im Einklang mit Bundesrecht, soweit es den Erlass des Ausgangsbescheides als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage angesehen hat (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), da danach eine vor diesem Zeitpunkt eingetretene Tilgung zu berücksichtigen wäre. Das angegriffene Urteil entspricht jedoch im Ergebnis der Rechtslage.

Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl I S. 310) gilt der Betroffene, wenn sich 18 oder mehr Punkte ergeben, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen; die Fahrerlaubnisbehörde hat die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dass eine später eintretende Tilgung von Punkten daran nichts mehr ändert, ergibt sich zwar nicht zwingend aus dem Wortlaut dieser Norm, ihr Sinn und Zweck lässt jedoch keinen anderen Schluss zu.“

III. BVerwG 3 C 34.07

Das dritte Urteil des BVerwG betraf die Frage ob vier oder zwei Punkte wegen der Teilnahme an einem Aufbauseminar abgezogen werden konnten (Rdnr. 12):

„Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts steht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zwar setzen die Maßnahmen, die die Fahrerlaubnisbehörden nach § 4 Abs. 3 StVG beim Erreichen der dort genannten Punktzahlen zu treffen haben, rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße voraus. Doch bestimmt sich die Möglichkeit und der Umfang eines Punktabzugs für die Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 4 Abs. 4 StVG nicht danach, ob die Rechtskraft bereits zum nach Satz 4 maßgeblichen Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung eingetreten ist. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung sind für das Erreichen der in § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG genannten Schwellen vielmehr die Verkehrsverstöße zu berücksichtigen, die zu diesem Stichtag begangen waren, auch wenn sie erst später rechtskräftig geahndet wurden (sog. Tattagprinzip). Das Verwaltungsgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen. Die der Kostenerhebung zugrundeliegende, auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG gestützte Verwarnung des Klägers war rechtmäßig.“


mehr zum Thema:


Weitere Beiträge zum Besonderen Verwaltungsrecht liste ich systematisch geordnet auf der folgenden Übersichtsseite auf:
  • Übersicht - PlatzhalterÜbersicht - Besonderes Verwaltungsrecht

    Auf der Seite Besonderes Verwaltungsrecht bespreche ich insbesondere Fragestellungen aus dem Abfallrecht, Auslaenderrecht, Hunderecht, Kommunalrecht, Schulrecht, Sozialrecht und Verkehrsrecht. ... | mehr

Die folgenden Beiträge beschäftigen sich mit verwaltungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit den oben angesprochenen Themen:
  • Gerichtssymbol - Gerichtsgebäude Entziehung der Fahrerlaubnis und Bußgeldbescheid mit …

    Die Entziehung der Fahrerlaubnis und ein Ordnungswidrigkeitenbescheid mit Fahrverbot stellt sich nicht als eine unzulässige Doppelbestrafung dar. ... | mehr

  • Hände - Schlüsselübergabe Fahrerlaubnis, Anordnung einer medizinisch-psychologischen-Untersuchung (MPU)

    ... die Behörde kann im Einzelfall eine medizinisch-psychologische Untersuchung anordnen | die Anordnung der MPU ist nicht isoliert anfechtbar ... ... | mehr

  • grüner Schild mit Paragraf Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bei Missbrauch …

    Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bei Missbrauch von Alkohol - eine BAK von über 2 Promille kann die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen ... | mehr

Über das Stichwort- und Paragrafenverzeichnis können Sie Informationen und Tipps zu weiteren verwaltungsrechtlichen Fragestellungen finden:
  • Verwaltungsrecht in Stichworten Stichwortverzeichnis - Verwaltungsrecht in Stichworten und Paragrafen

    Mit einem Klick auf das Stichwort oder den Paragrafen gelangen Sie zu einer Übersicht der Beiträge die das Stichwort enthalten ... | mehr

Frage

Schreiben Sie einen Kommentar,
fragen/antworten Sie! Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse veröffentliche und nutze ich nicht. Die Angabe der E-Mail-Adresse dient nur der Vermeidung von Spam. Nutzen Sie einen "Spitznamen", wenn Ihr Name nicht genannt werden soll. Erforderliche Felder sind nur der (Spitz-)name und die E-Mail-Adresse.
 
Bitte stellen Sie eine Frage in dem richtigen Zusammenhang! Bitte verschaffen Sie sich durch das Stichwortverzeichnis und die Übersichtsseiten einen Überblick, zu welchem Beitrag die Frage passt. Ich werde nicht alle Fragen beantworten können.
 


p.s.: Ich bin leider gezwungen, eine Frage bzw. einen Kommentar manuell freizuschalten. Dies kann einige Tage dauern. Andernfalls würden die Beiträge „in Spam versinken“.

Bundesverwaltungsgericht

  • I. BVerwG 3 C 3.07
  • II. BVerwG 3 C 21.07
  • III. BVerwG 3 C 34.07
  • Kommentar schreiben
  • mehr zum Thema

Rechtsanwalt Sönke Nippel
Kippdorfstraße 6-24
42857 Remscheid
 
Telefon: 0 21 91 / 46 00 876
 

ZUM IMPRESSUM
 
ZUR DATENSCHUTZERKLÄRUNG