Zum vertraglichen Verzicht auf Straßenbau- bzw. Straßenausbaubeiträge in einem notariellen Kaufvertrag nahm das OVG Münster in einer Entscheidung vom 19. März 2003 Stellung (15 A 4043/00):
Die Gemeinde kaufte von einem Grundstückseigentümer ein Teilstück seines Grundstücks zum Bau einer Straße. In den Kaufvertragsverhandlungen forderte der Grundstückeigentümer, dass er keine Beiträge für „Parkboxen“ zahlen wolle. Er verliere nämlich durch den Straßenbau Parkplätze. Dass keine Beiträge erhoben werden, solle in dem Vertrag fixiert werden. In dem Kaufvertrag wurde daraufhin in § 1 Abs. 5 geregelt, „dass Erschließungsbeiträge nach dem Bundesbaugesetz nicht mehr erhoben werden“. Die Gemeinde forderte schließlich Beiträge für Straßenbaubeiträge, da diese nicht „nach dem Bundesbaugesetz“ erhoben würden. Rechtsgrundlage für die Straßenbaubeiträge sei das KAG. Der Grundstückseigentümer verweigerte die Zahlung.
Die Leitsätze des Urteils lauten schließlich wie folgt:
- Zur Auslegung der vertraglichen Vereinbarung einer Gemeinde mit einem Grundstückseigentümer, dass „Erschließungsbeiträge nach dem Bundesbaugesetz nicht mehr erhoben werden.“
- Die Erhebung von Straßenbaubeiträgen kann Gegenstand vertraglicher Vereinbarungen zwischen beitragspflichtigem Grundstückseigentümer und der Gemeinde sein.
- Landes- und Bundesrecht verbieten einen gegenleistungslosen, außerhalb eines Vergleichsvertrags vorgenommenen Abgabenverzicht ohne Vorliegen eines gesetzlichen Erlassgrundes.
- Landes- und Bundesrecht stehen einem Verzicht auf die Straßenbaubeitragserhebung durch Beitragsbescheid nicht entgegen, wenn der gesetzlich zu fordernde Beitrag wirtschaftlich vereinnahmt wird (Beitragsanrechnung). Das setzt voraus, dass die Leistung der Gemeinde nicht unangemessen gegenüber der Gegenleistung des Beitragspflichtigen ist, dass der Verzicht auf die Straßenbaubeitragserhebung durch Beitragsbescheid in einem sachlichen Zusammenhang zur Gegenleistung des Beitragspflichtigen steht und dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Höhe des Beitrags nicht völlig ungewiss ist.
In der Sache führte das OVG aus, dass zwar in dem Kaufvertrag ausdrücklich nur Erschließungsbeiträge nach dem Bundesbaugesetz geregelt würden. Im Streit stünden aber Straßenbaubeiträge nach dem KAG. Die vertragliche Regelung in § 1 Abs. 5 des Kaufvertrages sei aber nach Treu und Glauben so auszulegen, dass auch die Straßenbaubeiträge nach dem KAG erfasst würden. Es sei wahrscheinlich, dass die Gemeinde bei den Vertragsverhandlungen den Irrtum des Grundstückeigentümers bemerkt habe. Die Gemeinde habe bemerkt, dass durch die Vertragsregelung nur Beiträge nach dem Bundesbaugesetz erfasst wurden. Dies sei dann aber als geheimer Vorbehalt gemäß § 116 S. 1 BGB zu bewerten.
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