Mit ungewohnter Deutlichkeit nimmt der lesenswerte Beschluss des LG Tübingen vom 16. September 2016 (5 T 232/16) zu Beschlüssen des Bundesgerichtshofes Stellung, in den der BGH Rundfunkbeiträge als fällig erachtet, ohne dass dazu ein Bescheid existiert (Beschlüsse des BGH vom 8. und 21. Oktober 2015 sowie vom 11. Juni 2015, VII ZB 11/15, I ZB 6/15 und 64/14). Die Ausführungen des LG Tübingen treffen meines Erachtens – auch in der Schärfe – „ins Schwarze“. An den Beschlüssen des BGH irritiert, dass grundlegende rechtsstaatliche Anforderungen an einen Bescheid außer Acht gelassen werden:
[10] … Zudem wäre die Nichtexistenz solcher Bescheide nach den Beschlüssen des BGH vom 8.10.2015 (VII ZB 11/15), vom 21.10.2015 (I ZB 6/15) und 11. Juni 2015 (I ZB 64/14) zumindest vertretbar, obwohl vieles dafür spricht, dass bei Rundfunkbeiträgen – wie bei allen anderen gesetzlichen Abgaben (Steuern, Gebühren, Beiträge) – unabhängig von gesetzlicher Fälligkeit ein anfänglicher (originärer, primärer, die Abgabenhöhe mit Gründen und Rechtsmittelbelehrung festsetzender) Leistungsbescheid/Verwaltungsakt erforderlich ist. Schon das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 IV GG würde es gebieten – im Übrigen kostenneutral – statt der formlosen Zahlungsaufforderung einen Leistungsbescheid zu versenden, der zur Klärung der den Schuldner interessierenden Frage der materiellen Rechtsmäßigkeit die (einmalige) Anfechtungsklage ermöglichen würde. Unter anderem durch Fehlen dieses Bescheids kommt es dazu, dass schuldnerseits regelmäßig materiellrechtliche Einwände im Vollstreckungsverfahren (unzulässig) vorgebracht werden. Das gesamte deutsche Verwaltungsrecht geht selbstredend von der Notwendigkeit eines Leistungsbescheids aus, vgl. z. B. Bundesgebührengesetz, Bundesverwaltungsvollstreckungsgesetz, Systematik von §§ 13, 14 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz. …
…
[14] Es gehört zu den elementaren Rechtsgrundsätzen, dass der Bürger vor Eintritt des Säumnisfalls und vor Vollstreckung, zumal in Selbsttitulierungsfällen, Zugang zum Gericht und Rechtsschutzmöglichkeit erhalten muss. Obergerichtliche Ausführungen derart, dass die Beiträge so gering wären, dass zunächst die Zahlung zugemutet werden könne, verweigern bewusst den Rechtsschutz und zwingen den Bürger vorliegend – wo er vor dem Säumniszuschlagsbescheid nie einen Bescheid soll verlangen können – zum bewussten Inkaufnehmen von Säumnis und Vollstreckung oder den Verzicht auf effektiven Rechtsschutz. …
Die Ausführungen des LG Tübingen sprechen dem Verfasser „aus dem Herzen“. Auch wenn mancher Streit mit der ehemaligen GEZ und dem jetzigen Beitragsservice unnötig und auch von unangebrachten Emotionen geprägt zu sein scheint, so können doch der Medienmacht nicht die elementarsten verwaltungsverfahrensrechtlichen rechtsstaatlichen Grundregeln geopfert werden.
Bettina Gerstel meint
Werter Herr Rechtsanwalt,
wir haben einen kleinen Holzbungalow in einem Naherholungsgebiet von Leipzig; hier gibt es sehr verschieden große Holz- und auch Steinbungalows; eigenartiger Weise sind einige von der Zahlung des Rundfunkbeitrages befreit und andere nicht !
Die Hausordnung des Naherholungsgebietes erlaubt kein Wohnen in diesen Bungalows. Das habe ich mehrfach dem Beitragsservice schriftlich und bestätigt nachgewiesen.
Trotzdem behauptet dieser , unser Bungalow sei eine 2. Wohnung und sendet mir wieder eine Zahlungsaufforderung für 2 Wohnugen zu.
In den letzten Jahren hatte ich wegen Hartz-IV – Aufstockung eine Zahlungsbefreiung, sogar bis 2019 erhalten !
Nun bin ich wieder in ausreichendem Verdienst ohne Hartz IV.
Wie verhalte ich mich richtig, um ehrlich für die Wohnung zu zahlen und für den Bungalow nicht ?
Mit dankbaren Grüßen Bettina Gerstel