Rechtsanwalt und Verwaltungsrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Die Vernichtung erkennungsdienstlicher Unterlagen

23. Februar 2010, aktualisiert am 23. Februar 2010 | 2 Kommentare

Paragraf, angekettet

§ 14 PolG NRW nennt neben § 81 b StPO die Voraussetzungen für die Fertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen.

§ 81 b StPO nennt die Voraussetzungen für die Einleitung erkennungsdienstlicher Maßnahmen im direkten Zusammenhang mit einem Strafverfahren.

Die Polizei kann erkennungsdienstliche Maßnahmen auch ohne das Vorliegen eines laufenden Strafverfahrens vornehmen, wenn das zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist, weil die betroffene Person verdächtig ist, eine Tat begangen zu haben, die mit Strafe bedroht ist und wegen der Art und Ausführung der Tat die Gefahr der Wiederholung besteht, § 14 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW. § 14 Abs. 2 PolG NRW spricht die Vernichtung der Unterlagen an.
Es stellt sich die Frage nach der Löschung und Vernichtung der bei den erkennungsdienstlichen Maßnahmen gewonnen Unterlagen. Hierzu gibt es zu verschiedenen Sachverhalten verschiedene Urteile, die nachfolgend skizziert werden:

I. Rechtsanspruch auf Vernichtung für jeden, der unschuldig in ein Ermittlungsverfahren geraten ist

Das VG Berlin führte in einem Urteil vom 11. Februar 1955 aus, dass jedenfalls für den unschuldig in ein Ermittlungsverfahren geratenen ein Anspruch auf Vernichtung besteht. Allerdings war die Klage in dem entschiedenen Fall nicht begründet, da der in das Ermittlungsverfahren geratene nicht wegen erwiesener Unschuld freigesprochen worden war. Das VG Berlin führte u. a. aus (I A 519/54):

„…
Die Kriminalpolizei kann nach § 81 b StPO sowohl zur Durchführung eines Strafverfahrens als auch, soweit es für Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, Lichtbilder und Fingerabdrücke eines Beschuldigten aufnehmen. Sobald sich aber herausstellen sollte, dass der Beschuldigte unschuldig in Verdacht geraten ist, muss die Polizei diese Unterlagen wieder aushändigen oder vernichten, wenn sie nicht die Menschenwürde missachten will. Grundsätzlich besteht somit ein Rechtanspruch auf Vernichtung der erkennungsdienstlichen Unterlagen für jeden, der völlig unschuldig in ein Ermittlungsverfahren geraten ist. Dieser Anspruch lässt sich auch noch mit der Folgenbeseitigung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes begründen. Wenn sich herausstellt, dass ein Verwaltungsakt fehlerhaft war, so kann derjenige, der einen Nachteil durch den fehlerhaften Verwaltungsakt erlitten hat, die Beseitigung der Folgen verlangen. …
…“

II. Vernichtung erkennungsdienstlicher Unterlagen, die anlässlich eines Beleidigungsdeliktes gewonnen wurden

Der VGH München entschied am 23. Juni 1997 durch Urteil (24 B 95.3734):

„1. Die Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen, die anlässlich eines Beleidigungsdeliktes gefertigt wurden, erfordert, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen eingesetztem Mittel, angestrebtem Zweck und Schwere der Beeinträchtigung des Betroffenen beachtet wird.

…
Maßgebend für das vorliegende Verpflichtungsbegehren ist, ob im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die erkennungsdienstlichen Unterlagen aus dem Strafverfahren noch für Zwecke des polizeilichen Erkennungsdienstes benötigt werden oder nicht. Der dem Strafverfahren wegen Beleidigung zugrundeliegende Sachverhalt rechtfertigt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles die weitere Aufbewahrung der den Kläger betreffenden erkennungsdienstlichen Unterlagen nicht. …
…“

III. Zur Vernichtung erkennungsdienstlicher Unterlagen, wenn ihre Kenntnis für die datenverarbeitende Stelle zur Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist

Das OVG Schleswig beschäftigte sich in einem Urteil vom 5. Mai 1998 mit der Zulässigkeit personenbezogener Daten nach dem Schleswig-Holsteinischen Datenschutzgesetz. Es konnte offen lassen, ob die Zulässigkeit der Speicherung auf der Grundlage des § 81 b StPO zu beurteilen ist (4 L 1-98):

„…
Jedenfalls kann die Polizei … personengebundene Daten, die sie im Rahmen von Strafermittlungsverfahren über Personen gewonnen hat, die einer Straftat verdächtig sind, speichern, verändern und nutzen, wenn wegen der Art oder Ausführung und Schwere der Tat sowie der Persönlichkeit der oder des Verdächtigen die Gefahr der Wiederholung besteht und wenn dies zur Aufklärung oder Verhütung einer künftigen Straftat erforderlich ist. …
…“

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2 Kommentare (Fragen/Antworten)

  1. masine meint

    26. Januar 2011

    hallo
    mein sohn 16 jahre alt,hat vergangenes jahr mit einem anderen jungen steine in eine leer stehende bäckerrei steine geworfen.ihm wird einbruch vorgeworfen! er bekam eine vorladung zur polizei.die aussage wurde aufgenommen,er ist das erste mal straffällig geworden. er wurde am gleichen tag zur ED behandlung geschickt ohne das wir darauf hingewissen wurden,auch nicht in dem schreiben von der polizei. ist das beim ersten mal straffälligkeit wirklich notwendig? ich bekam einen tip das ich diese ED behandlung löschen lassen kann! geht das denn wirklich zu machen? hab ich als mutter das recht dies zu tun?
    mfg masine

    antworten
    • Rechtsanwalt S. Nippel meint

      1. Februar 2011

      …
      Die Notwendigkeit der Anfertigung und der weiteren Aufbewahrung von erkennungsdienstlichen Unterlagen bemisst sich danach, ob der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls – insbesondere angesichts der Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraums, während dessen er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist – Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig oder anderwärts gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen – den Betroffenen schließlich überführend oder entlastend – fördern könnten.
      …

      Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so können erkennungsdienstliche Unterlagen angefertigt und weiter aufbewahrt werden. So wie Sie den Sachverhalt schildern – Sachbeschädigung – und nicht „Einbruch“, lagen möglicherweise schon die Voraussetzungen für die Anfertigung erkennungsdienstliche Behandlung nicht vor und es besteht ein Anspruch auf Vernichtung und Löschung.

      Grüße
      Sönke Nippel

      antworten
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